Das Klettersteiggehen erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Viele suchen darin den gewissen Adrenalinkick, den man beim normalen Wandern vielleicht noch nicht gefunden hat. In diesem Ratgeber wollen wir euch eine praktische Einführung und Übersicht zur benötigten Ausrüstung geben, damit einer perfekten Klettersteigtour nichts mehr im Wege steht. Viel Spaß!
Inhaltsübersicht:
A. Was ist ein Klettersteig?
B. Ist Klettersteiggehen gefährlich?
C. Was braucht man für den Klettersteig?
1. Klettersteigset
2. Gurt
3. Helm
4. Klettersteighandschuhe
5. Rastschlinge
6. Erste-Hilfe-Set
7. Klettersteigschuhe
8. Bekleidung
D. Klettersteig mit Kindern: Was ist zu beachten?
WAS IST EIN KLETTERSTEIG?
Die Anfänge des Klettersteiggehens sind weitaus düsterer als das heutige Freizeithobby. Die ersten Klettersteige (oder italienisch Via Ferrata) wurden im ersten Weltkrieg als Versorgungsrouten für Soldaten in den Gebirgen errichtet. Einige Klettersteige führen noch heute entlang dieser Weltkriegsrouten. Im Grunde genommen sind Klettersteige also Routen, die meist durch eine Felswand auf einen Berg führen, und durch ein Stahlseil gesichert sind. Dabei können sich Klettersteige in ihrer Art sehr stark unterscheiden. Die Route eines Klettersteiges kann mal über einen Pfad, mal direkt über den Fels oder auch mal über Leitern oder gespannte Seile führen. Entsprechend unterschiedlich sind auch die verschiedenen Schwierigkeitsgrade. Vor jeder Tour sollte also geprüft werden, welchen Schwierigkeitsgrad der geplante Klettersteig hat, und ob man dem gewachsen ist. Durch das erhöhte Interesse und den immer größeren Andrang werden diese Steige stetig verbessert und ausgebaut. Dies führt zu immer mehr Sicherheit beim Klettersteiggehen. Doch dennoch ist das Klettersteiggehen ein Sport mit nicht zu unterschätzenden Gefahren. Mehr dazu im nächsten Abschnitt.
IST KLETTERSTEIGGEHEN GEFÄHRLICH?
Im Gegensatz zum meist deutlich vertikaleren und technisch anspruchsvolleren Klettern erscheint das Klettersteiggehen vielen deutlich einfacher und sicherer. Man hat ja meistens große Tritte unter den Füßen, und ein Stahlseil an welchem man sich jederzeit festhalten kann. Ja, das stimmt – aber kommt es doch zu einem Sturz, so führt dies, im Gegensatz zum Klettern, meist unweigerlich zu Verletzungen. Man muss stets bedenken, dass man im Falle eines Sturzes zunächst bis zur nächsten Zwischensicherung fällt, und erst dort das Klettersteigset beginnt den Fall zu bremsen. So beträgt die Sturzhöhe schnell mehrere Meter. Aufgrund des in der Regel flacheren Terrains bei Klettersteigen, wird ein Sturz nicht wie beim Klettern „in der Luft“ abgefangen, sondern meist stehen hier Felsen oder Stahlteile im Weg. Zusammengefasst: Ein Sturz am Klettersteig tut immer zumindest weh, birgt meist aber sogar eine hohe Verletzungsgefahr.
Eine weitere Gefahr beim Klettersteiggehen ist Steinschlag. Gerade bei hochfrequentierten Klettersteigen werden oft Steine losgetreten. Leider hat dies auch bereits wiederholt zu Todesfällen geführt. Hierfür gibt es aber einen effektiven Schutz: Ein Klettersteighelm ist unabdingbar.
Also Finger weg vom Klettersteiggehen? Nein. Mit der adäquaten Ausrüstung (siehe unten), der richtigen Vorbereitung, der korrekten Selbsteinschätzung und der allgemein am Berg angebrachten Vorsicht kann man sicher und mit Spaß am Klettersteig unterwegs sein.
WAS BRAUCHT MAN FÜR DEN KLETTERSTEIG?
Um die Sicherheit am Klettersteig zu gewährleisten, ist die richtige Ausrüstung essenziell. Dazu gehört mindestens ein Klettersteigset, ein Klettergurt, ein Kletterhelm, eine Rastschlinge, die richtigen Schuhe, dem Wetter entsprechende Bekleidung sowie ein Erste-Hilfe-Set. Optional können auch noch Klettersteighandschuhe verwendet werden.
1. WOFÜR BRAUCHT MAN EIN KLETTERSTEIGSET?
Das Klettersteigset wird manchmal auch als Klettersteigbremse oder Bandfalldämpfer bezeichnet. Es stellt den wohl wichtigsten Teil der Klettersteig Ausrüstung dar. Es verhindert im Ernstfall den Absturz, und bremst den Fangstoß eines Sturzes. Wie bereits oben beschrieben, stellen Stürze beim Klettersteiggehen eine große Gefahr dar, da die Fallhöhe schnell mehrere Meter beträgt. Leider sieht man immer noch viel zu häufig Klettersteiggeher mit einfachen Bandschlingen als Sicherung. Das ist absolut gefährlich! Zwar wird dadurch ein Komplettabsturz verhindert, jedoch wirken sich die enormen Kräfte des Fangstoßes ungebremst auf den Körper aus, was zu schwersten Verletzungen führen kann. Also auf keinen Fall zu Bandschlingen greifen, sondern in ein Klettersteigset investieren. Diese sind bereits ab unter 60€ erhältlich - 60€ die einem schwerste Verletzungen ersparen können. Der Bandfalldämpfer eines jeden Klettersteigsets reißt im Falle eines Sturzes kontrolliert auf, und bremst so den Fangstoß, ähnlich wie das dynamische Kletterseil beim Sportklettern. Es besteht zudem aus zwei elastischen Armen mit Karabinern. Durch dieses System ist man selbst beim Umhängen in eine andere Sicherung, stets mit einem der Arme gesichert. Die Klettersteigsets aller Hersteller folgen diesem Prinzip und erfordern alle die entsprechende Norm. Demnach sind die verschiedenen Modelle hinsichtlich ihrer Sicherheit nicht wirklich zu unterscheiden.
WELCHES KLETTERSTEIGSET IST DAS RICHTIGE FÜR MICH?
Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellen ergeben sich hauptsächlich hinsichtlich des Komforts der Bedienung. So bieten einige Modelle beispielsweise extra große Komfortkarabiner. Diese haben eine weite Öffnung, und lassen sich dadurch besonders einfach in das Stahlseil einhängen, ohne dass man sich dabei die Finger aufschürft. Außerdem können große Karabiner auch einfacher in andere, dickere Sicherungen eingehängt werden (z.B. Querstreben, Stufen, etc.). Solche Komfortkarabiner finden sich z.B. in folgenden Klettersteigsets: Black Diamond Easy Rider | Edelrid Cable Kit 5.0 | Salewa Ergo Core
Einen weiteren Komfort-Vorteil bieten Klettersteigsets mit einem integrierten Wirbel (Drehgewinde). Dieser verhindert das lästige Verdrehen der beiden elastischen Arme. Klettersteigset mit einem solchen Wirbel sind: Edelrid Cable Comfort 5.0 | Salewa Ergo Tex
2. WELCHEN GURT FÜR DEN KLETTERSTEIG?
Zum Klettersteiggehen kann prinzipiell jeder Klettergurt verwendet werden. Spezielle Klettersteiggurte sind einfacher aufgebaut als Sportklettergurte, da hier weniger Anforderungen an den Gurt bestehen. In der Regel hängt man hier nicht, bzw. nicht lange mit vollem Gewicht im Gurt, weshalb eine Polsterung nicht zwingend nötig ist. Zudem werden weniger Materialschlaufen benötigt. Durch diese Einsparungen sind reine Klettersteiggurte leichter als herkömmliche Klettergurte. Meist sind diese auch komplett verstellbar, und können so von jedermann genutzt werden, ohne auf die richtige Größe achten zu müssen. Möchte man neben dem Klettersteiggehen aber auch noch das ein oder andere Mal zum Klettern gehen, so liegt es natürlich nahe, sich direkt einen Sportklettergurt zuzulegen.
3. WELCHEN HELM FÜR DEN KLETTERSTEIG?
Am Klettersteig kommt eine der großen Gefahren von oben: Der Steinschlag. Ein effektiver Schutz vor dieser Gefahr ist ein Klettersteighelm. Hierfür werden herkömmliche Kletterhelme verwendet. Diese werden grundsätzlich in drei Arten unterteilt: Hartschalenhelme, Hybridhelme und Schaumhelme. Jede dieser Konstruktionsarten bietet unterschiedliche Vor- und Nachteile, diese sind jedoch nicht von maßgeblicher Bedeutung. Wichtig ist, einen zertifizierten Kletterhelm auf dem Kopf zu haben. Fahrradhelme oder Ähnliches haben hier nichts verloren. Eine der der Hauptkriterien für die Wahl des richtigen Klettersteighelmes ist die Passform. Jeder Kopf hat ebenso eine individuelle Form, wie die verschiedenen Kletterhelm Modelle. Hier geht probieren über studieren. Ein zusätzlich wichtiges Kriterium bei der Wahl ist das Gewicht. Beim Blick nach oben zieht ein schwerer Helm den Kopf förmlich nach unten. Das muss durch eine erhöhte Anstrengung im Nackenbereich ausgeglichen werden. Ein leichter Helm ist da einfach deutlich angenehmer.
4. WOFÜR BRAUCHT MAN HANDSCHUHE AM KLETTERSTEIG?
Handschuhe braucht man nur wenn‘s kalt ist? Nicht ganz… Am Klettersteig sind Handschuhe vor allem deshalb wichtig, weil die Hände hier ständig am rauen Felsen und am meistens nicht komplett glatten Stahlseil zum Einsatz kommen. Die Klettersteighandschuhe sorgen hier also für den nötigen Schutz vor Aufschürfungen und anderen kleinen Verletzungen. Vor allem bei älteren Klettersteigen stehen oft Drähte aus dem Stahlseil, die im schlimmsten Fall auch noch verrostet sind. Zusätzlich sorgen Klettersteighandschuhe auch noch für einen besseren Grip. Das hilft gerade in steileren Passagen, wo man sich mit aller Kraft am Stahlseil festhalten muss. Als Low-Budget Variante können natürlich auch andere Handschuhe (z.B. Fahrradhandschuhe) verwendet werden. Diese bieten aber meistens nicht so viel Schutz und Grip, und gehen bei den rauen Bedingungen auch schneller kaputt.
5. WOFÜR BRAUCHT MAN EINE RASTSCHLINGE?
Den Tag am Klettersteig und das großartige Panorama sollte man genießen! Dazu lohnt es sich, ab und zu eine Pause einzulegen, und vielleicht das ein oder andere Foto zu machen. Damit das auch sicher und entspannt gelingt, empfiehlt es sich, eine Rastschlinge mitzuführen. Eine solche besteht aus einer 60cm Bandschlinge und einem beliebigen (vorzugsweise großen) Verschlusskarabiner. Die Rastschlinge wird neben dem Klettersteigset in die Anseilschlaufe eingehängt. Möchte man eine Pause einlegen, so hängt man den daran befestigten Karabiner einfach ins Stahlseil oder eine andere Sicherung. WICHTIG: Die Rastschlinge darf nur zum Einhängen während einer Pause genutzt werden, nicht während dem Klettern/Gehen! Die Rastschlinge würde ansonsten die Bremsfunktion des Bandfalldämpfers verhindern. Der Karabiner der Rastschlaufe wird während dem Klettern/Gehen einfach wieder in die Materialschlaufe des Gurtes gehängt. Mit einer Rastschlinge hat man zusätzlich eine flexibel einsetzbare Sicherung. Das schadet in einer alpinen Umgebung nie.
6. ERSTE-HILFE-SET AM KLETTERSTEIG
Wie oben bereits erwähnt, ist Klettersteiggehen nicht ungefährlich. Hier entstehen schnell kleinere Verletzungen, die versorgt werden wollen. Mindestens eine Person jeder Gruppe sollte aus diesem Grund ein Erste-Hilfe-Set mitführen. Bei mir persönlich liegt das Erste-Hilfe-Set prinzipiell immer am Boden meines Rucksacks. Diese Erste-Hilfe-Sets gibt es in vielen verschiedenen Größen und Ausführungen.
7. WELCHE SCHUHE FÜR DEN KLETTERSTEIG?
Die meisten Klettersteige führen, zumindest in einigen Passagen, durch den Fels und über harte Stahltritte und Seile. Je höher der Schwierigkeitsgrad, desto kleiner werden oft auch die Tritte im Fels, und desto mehr ist man auf stählernen Leitern usw. unterwegs. Dazu kommt ein oft alpiner Abstieg. Wie sich aus dieser Beschreibung bereits erahnen lässt, so scheint ein Klettersteig kein perfekter Ort für weiße Sneaker zu sein. Die richtigen Schuhe sollten eine einigermaßen harte Sohle besitzen. Für anspruchsvolle Passagen am Fels ist zudem eine „Climbing Zone“, also eine speziell für den Einsatz am Fels konzipierte, flache Fußspitze, von Vorteil. Diese erleichtert, ähnlich dem Prinzip von Kletterschuhen, das Auftreten auf kleine Felskanten. In leichten Klettersteigen sind herkömmliche Wanderschuhe kein absolutes No-Go. In anspruchsvolleren Klettersteigen sollte jedoch zu festem Schuhwerk gegriffen werden (z.B. Bergschuhe mit fester Sohle). Speziell für den Klettersteig konzipierte Schuhe bieten eine feste Sohle (vergleichbar mit Bergschuhen der Kategorie C) kombiniert mit einem leichten Oberbau. Somit hat man einen festen Schuh mit leichtem Gewicht – ideal für den Klettersteig.
8. WELCHE KLEIDUNG AM KLETTERSTEIG?
Die richtige Bekleidung für einen Tag am Klettersteig richtet sich natürlich nach dem jeweiligen Wetter. Gerade in den Sommer Monaten können kurze Klettersteige schon mal mit wenig Gepäck, einem Funktionsshirt und einer kurzen Hose durchstiegen werden. Ein trockenes Wechselshirt, sowie eine leichte Windjackeempfehlen sich jedoch immer. Auch die Kopfbedeckung für den Abstieg sollte man nicht vergessen. Natürlich ist stark davon abzuraten, bei unsicherer Witterung einen Klettersteig zu gehen. Ist der Himmel am geplanten Tag aber nicht wolkenlos blau, so sollte eine wetterfeste Regenjacke oder eine Softshelljacke mit im Gepäck sein. Bei kälteren Temperaturen darf natürlich eine wärmende Schicht nicht fehlen. Hier kann eine warme Fleecejacke oder eine Isolationsjacke mit in den Rucksack gepackt werden. Gerade nach einem anspruchsvollen Klettersteig kommt man oft verschwitzt am Ausstieg an, und kühlt dann schnell aus.
KLETTERSTEIG MIT KINDERN: WAS IST ZU BEACHTEN?
Klettersteige sollten nicht unterschätzt werden. Gerade für Kinder mit ihrer kleineren Körpergröße können selbst leichte Klettersteige schnell sehr anspruchsvoll werden. Mit der richtigen Ausrüstung, dem entsprechenden Know-How und der stets angebrachten Vorsicht, kann man jedoch auch mit den Kleinsten sicher in ein Klettersteig Abenteuer starten. Alle Klettersteigsets die der Norm EN 958:2017 entsprechen, sind ab einem Körpergewicht von 40kg zugelassen. Spezielle Kinderklettersteigsets, wie z.B. das Skylotec Skysafe Sam, besitzen kompaktere Karabiner, welche sich von Kindern leichter bedienen lassen. Was das zugelassene Körpergewicht betrifft, entsprechen diese aber auch der Norm, und können ab 40kg genutzt werden. Kinder sollten also erst ab einem Körpergewicht von 40kg mit auf eine Klettersteigtour genommen werden. Um die Gefahr eines Sturzes völlig auszuschließen, sollten Kinder (ebenso wie auch absolute Anfänger) wie beim Klettern von oben nachgesichert werden. Dies kann mit einem Kletterseil und entsprechender Sicherungsausrüstung, oder aber mit eigens dafür konzipierten Belay-Kits getan werden: z.B. das Edelrid Via Ferrata Belay Kit.